Alles dreht sich um die Digitalisierung: Finnland verbannte 2016 die Schnürlischrift aus den Klassenzimmern und der Lehrplan 21 setzt in Schweizer Primarschulen vermehrt auf digitale Technologien. Werden wir in Zukunft nicht mehr von Hand schreiben?

Hand aufs Herz: Wie viele Male pro Tag schaust du auf dein Smartphone? Ein Leben ohne dieses kleine Gerät scheint heutzutage fast unmöglich zu sein. Jugendliche nehmen ihr Smartphone im Durchschnitt 30 Mal in die Hand pro Tag und sind total vier Stunden täglich online, um soziale Netzwerke, Videostreaming oder Online-Games zu nutzen. Dies sind die Ergebnisse der Studie «always on» von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Sie untersuchte 2019, wie Jugendliche das ständige Online-Sein erleben.

Bildschirm statt schwarzer Wandtafel

Nicht nur bei Jugendlichen, sondern auch bei Kindern gehören Tablets und Co. zum Alltag. Dies zeigt ein Blick in ein Klassenzimmer in Baselland an einem ganz normalen Mittwochmorgen im Matheunterricht. Der Lehrer fragt in die Runde: «Welche Berufsgruppen nutzen Mathematik?» Neben Antworten wie Verkäufer, Lehrerinnen oder Programmierer, sagt ein 11-jähriges Mädchen: «Wenn Youtuber Videos hochladen, bekommen sie Geld dafür. Dafür braucht es auch Mathematik». Das Mädchen schaut nach vorne zum Lehrer, der nicht vor einer schwarzen Wandtafel, sondern vor einem grossen schwarzen Bildschirm steht. Jedem Kind steht in dieser Schule ein eigenes Tablet zur Verfügung. Die Digitalisierung ist längst in die Klassenzimmer eingezogen.

In Zukunft sollen Kinder in der Schule lernen Roboter zu programmieren. Bild: Unsplash.com, Andy Kelly

Fake News für Kinder

Der digitale Wandel ist für viele Schulen eine Herausforderung. Der Lehrplan 21, ein gemeinsames Programm für alle Primarschulen in der Deutschschweiz, antwortet auf diesen Trend. Neu führen Schweizer Volksschulen die Fächer Medien und Informatik ein. Beat Schwendimann, Experte für den Lehrplan 21, erklärt in einem Interview mit dem Blick, wieso dies nötig ist. «Es geht um die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen digitaler Technologien und Medien auf die Gesellschaft und das eigene Leben. Das Ziel ist ein mündiger Umgang mit digitalen Medien und Technologien.» Das heisst konkret: Die Lehrerinnen und Lehrer klären in der Schule beispielsweise über Fake News, soziale Medien und Datennutzung auf. Um zu verstehen, wie Algorithmen funktionieren und wie man Abläufe automatisieren kann, programmieren sie Roboter.

Neurowissenschaftler wissen, dass man sich Notizen von Hand geschrieben besser merken kann. Bild: Unsplash.com, Kaleidico

Ersetzt die Tastatur den Fülli?

Lernt die jüngste Generation jetzt ihre ersten Wörter mit der Tastatur, statt von Hand zu schreiben? In Finnland verbannten die Primarschulen die gebundene Schreibschrift 2016 aus dem Lehrplan. Die jungen Finnen lernen seitdem in erster Linie das Tippen auf der Tastatur. Die Schülerinnen und Schüler tun sich mit der Handschrift immer schwerer, stellt eine Deutschlehrerin in Friedrichshafen fest. Sie können nicht mehr so lange schreiben, die Schriften seien oft schwieriger zu entziffern und die Rechtschreibung sei schlechter geworden. Neurowissenschaftler wissen mittlerweile, dass das analoge Schreiben wertvoll ist. Beim Schreiben mit der Hand sind viele Gehirnareale aktiv und wir können uns den Inhalt des Geschriebenen besser merken.

Handgeschriebenes hat einen emotionalen Wert

Die Digitalisierung sollte deshalb nicht verteufelt werden. Ohne Kenntnisse im digitalen Bereich haben es junge Erwachsene heute auf dem Arbeitsmarkt schwierig. Die Handschrift hat in der Schule vielleicht an Wichtigkeit verloren, doch ganz ausgelöscht wird sie in naher Zukunft wahrscheinlich nicht. Wer schreibt schon Trauerbriefe, Glückwunschkarten oder Einkaufszettel am Computer? Einen von Hand geschriebenen Brief schätzen wir noch mehr als früher.

Wann hast du das letzte Mal eine von Hand geschriebene Postkarte verschickt? Schreib uns doch einen Kommentar.

Sara

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