In den USA wurde in den letzten Jahren vermehrt darüber diskutiert, ob Weihnachten in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen aus Respekt gegenüber Menschen mit anderen Religionen explizit als christliches Fest gefeiert werden darf. Wie denken die Baslerinnen und Basler darüber? Wir haben nachgefragt.

Die Lehrerinnen und Lehrer des Schulhauses Matt in Will SG verzichten an der Weihnachtsfeier auf die Lieder «Go tell It on the mountain», «Fröhliche Weihnacht überall» und «S’gröschte Gschänk». Grund dafür sind Reklamationen – von muslimischer aber auch von atheistischer Seite. Die Debatte, wie man Weihnachten in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen «richtig» feiern soll, ist auch in der Schweiz angekommen.

Wir haben acht Besucherinnen und Besucher des Basler Weihnachtsmarkts gefragt, was sie über dieses Thema denken. Darf oder soll Weihnachten denn noch christlich sein? Wie wichtig sind den Befragten die christlichen Traditionen an Weihnachten?

«Für mich gehört das zur Integration»

In einem Punkt sind sich alle Befragten einig: Die Schweiz sei ein christliches Land, in welchem christliche Werte gelten würden – auch in öffentlichen Einrichtungen und Schulen. «Wir leben in einem christlichen Land. Die anderen Menschen sollen Platz haben, aber dass wir zugunsten der Anderen unsere Traditionen aufgeben sollen, verstehe ich nicht», meint eine ehemalige Gerontologin (67). Ähnlicher Meinung ist ein 54-jähriger technischer Betriebswirt: «Ein spezielles Fest zu machen oder irgendwelche christlichen Symbole wegzunehmen, damit sich andere Religionen bei uns willkommener fühlen, finde ich übertrieben. Das gibt nur den falschen Leuten Auftrieb.» Es sei ein falsches Zeichen, wenn wir uns zu fest an die Gäste oder neuen Mitbürgerinnen und Mitbürgern anpassen würden: «Es gelten einfach die kulturellen Grundwerte in diesem Land. Punkt.»

Eine Leiterin Administration (47) hält einen wichtigen Punkt fest: «Es ist wichtig, dass die Kinder selbst bestimmen können, ob sie irgendwo mitmachen wollen oder nicht. Sie dürfen weder von der Lehrperson dazu gezwungen werden, mitzumachen, wenn sie dies nicht wollen, noch dürfen ihre Eltern sie dazu zwingen, nicht mitzumachen, wenn sie eigentlich gerne mitmachen würden.»

«Es würde ein Kulturgut verloren gehen»

«Ich finde, man muss gegenüber Menschen mit anderen Religionen Rücksicht nehmen, aber es würde ein Kulturgut verloren gehen, wenn man alle christlichen Weihnachtslieder und das Krippenspiel verbannen würde», fährt die ehemalige Gerontologin fort. Ein 47-jähriger Musiklehrer erzählt: «Ich bin zwar selbst aus der Kirche ausgetreten, aber ich bin katholisch aufgewachsen und spüre trotzdem eine Verbundenheit. Darum finde ich ein Weihnachtsspiel an der Schule, in dem gar nichts Religiöses vorkommt, etwas komisch.»

Eine 31-jährige Hotelfachfrau relativiert: «Weihnachten ist zwar ein christliches Fest, die Ursprünge sind jedoch vielfältig. Deshalb könnte die Adventszeit in Schulen sehr gut interreligiös gestaltet werden: Jesus war ein Jude, da kann man den Kindern bspw. die jüdische Kultur und das Fest Channuka näherbringen. Ausserdem kann man beim Thema Weihnachten auf die heutige Situation in Israel/Palästina aufmerksam machen.»

«Christliche Werte schliessen alle ein»

Eine 47-jährige Leiterin Administration argumentiert: «Weihnachten diskriminiert nicht, sondern ist etwas Schönes. Es steht für Zusammensein und Nächstenliebe. Die christlichen Werte schliessen alle ein.» Der technische Betriebswirt plädiert ebenfalls an die Nächstenliebe: «Ich glaube an den christlichen Grundsatz der Nächstenliebe und dass hier alle willkommen sind – ob das jetzt Christen sind oder nicht, es sind alles Menschen und alle sind zu diesem Fest eingeladen.» Seine Frau, eine kaufmännische Angestellte (49), relativiert: «Wir teilen die christlichen Werte, aber es gibt ja eigentlich in jeder Religion dieselben Werte.»

Einige Befragten betrachten das Christentum durchaus kritisch: «Man soll ruhig die schlechte Seite des Christentums oder von Religionen aufzeigen, auch – oder vor allem – in Schulen», meint der Musiklehrer. Die Gerontologin hält fest: «Ich verurteile andere Religionen nicht. Alles was gemässigt ist – nicht die Fanatisten, die gibt’s ja auch im Christentum – finde ich ok.»

Inwiefern sollte Religion an Schulen überhaupt präsent sein?

Eine Informatikerin (46) meint dazu klipp und klar: «Ich bin für eine strikte Trennung von Religion und Staat und finde, Religion – egal welche! – hat in einer Schule nichts zu suchen.» Der 47-jährige Musiklehrer pflichtet ihr bei: «Ich finde auch, es ist nicht die Aufgabe des Staates, Religion zu vermitteln.» Diesen säkularen Standpunkt haben die anderen Befragten nicht eingenommen. Aus ihren Antworten wird erkenntlich, dass sie es wichtig finden, dass das Christentum in der Schule einen Platz hat – gerade in der Adventszeit. Es gehöre zur kulturellen Bildung hierzulande, erwähnt die Gerontologin.

Wie religiös sind die Befragten?

Von den acht Befragten war niemand religiös. Zwei davon gehen zwar an Weihnachten in die Kirche, aber sonst nie. «Die Weihnachtsmesse in der Kirche ist einfach schön, etwas Spezielles. Es gehört für uns einfach dazu. Ansonsten bin ich aber nicht religiös», erklärt die Leiterin Administration.

Dieses Ergebnis überrascht nicht: Eine Umfrage des Bundesamts für Statistik hat ergeben, dass in Basel bereits die Hälfte der Bevölkerung konfessionslos ist.

Alle Befragten gaben an, dass Weihnachten für sie ein Anlass ist, um Zeit mit der Familie oder auch mit Freunden zu verbringen. «Es ist der einzige Tag im Jahr, wo sich alle Zeit nehmen», lacht die Hotelfachfrau.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert