Seit Wochen füllt das Coronavirus die Nachrichtenseiten. Damit kommen die Medien dem Informationsbedürfnis vieler Menschen nach. Doch die Grenze zwischen Aufklärung und Panikmache ist dünn.

Am Coronavirus kommt derzeit keiner vorbei: Die Ansteckungsgefahr ist gross, das öffentliche Leben deshalb stark eingeschränkt. Auch die Zeitungen berichten fleissig über die Epidemie. Pro Tag veröffentlichen die Schweizer Medien insgesamt rund 625 Artikel zum Coronavirus. Übertreiben es die Berichterstatter? Zu viele Meldungen zu einem Thema können die Lesenden leicht überfordern. Dies ist einerseits problematisch, weil dann die wirklich wichtigen Nachrichten nicht mehr wahrgenommen werden. Andererseits kann eine solch übermässige Nachrichtenflut beim Empfänger zu einer Trotzreaktion führen. Vorschriften und Empfehlungen nehmen sie dann nicht mehr ernst. Ist das Wetter draussen nicht sowieso viel zu schön, um sich zuhause zu verkriechen?

In Krisensituationen ist das Informationsbedürfnis vieler Menschen sehr hoch. Man hat viele Fragen, will verstehen, was vor sich geht und warum. Die Medien erfüllen das Bedürfnis nach Aufklärung grösstenteils. Doch sie verfolgen dabei eigene Ziele: Oft stellen sie Informationen nicht nur zur Verfügung, sondern versuchen auch, diese möglichst wirksam zu verkaufen.

Geschäftsmodell Panik?

Manche Boulevardzeitungen schrecken nicht davor zurück, möglichst dramatische, angsteinflössende Schlagzeilen zu verwenden und Expertenaussagen völlig aus dem Kontext zu reissen, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit: Das vermittelte Bild beruht dann nicht mehr auf Tatsachen, sondern entspricht bloss dem Framing der Medien.

Auch unseriöse Online-Newsportale versetzen die Lesenden mit wilden Spekulationen und Verschwörungstheorien in Angst – und verdienen so Geld. Auf Social Media finden solche reisserischen und teils falschen Informationen grossen Anklang und verbreiten sich so in einem rasenden Tempo. Das Resultat: Das Vertrauen in die etablierten Medien schwindet. Verheimlichen uns die nicht was?, fragen sich Lesenden.

Gewisse politische Akteure profitieren ebenfalls von der Corona-Krise und nutzen sie für ihre Zwecke: Das aktuelle System funktioniere nicht, wir könnten den Machtinhabern nicht trauen, überzeugen sie ihre Anhänger. Auch Rassismus oder gar Hass gegen Chinesen ist dadurch alltäglich geworden. Zeitungen titeln etwa: «Bisher 132 Coronavirus-Tote: Können wir den Chinesen trauen?». Durch diese Aussage werden alle Chinesen zu potenziellen Virenschleudern denunziert. Doch damit nicht genug: Am selben Tag veröffentlichte dieselbe Zeitung den Artikel: «Gelbe Gefahr: Die ewige Angst vor den Chinesen». Dieser handelt zwar vom Coronavirus, aber nun dürfte jedem dämmern: Die Chinesen sind eine Gefahr. Nationalistisches Gedankengut erlebt durch die mediale Panikmache einen neuen Aufschwung.

Balanceakt zwischen Information und Hysterie

Die vielen Meldungen zum Coronavirus führen leicht zu einer Überreizung: Viele Leute sind hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung über geplatzte Pläne, Angst und Normalitätssehnsucht. Um nicht negative Reaktionen wie Trotz hervorzurufen, müssen Medien nun priorisieren: Welche Informationen sind wirklich wichtig? Gibt es nicht bereits genug negative Meldungen? Denn während sich apokalyptisch-angehauchte Schlagzeilen überhäufen, wird kaum darübergeschrieben, wie viele Fälle mild verlaufen und wie viele Menschen bereits genesen sind. Das gestiegene Interesse an dem Thema verleitet zudem viele Interviewpartner dazu, in den Medien Einschätzungen zu Dingen zu geben, die ausserhalb ihrer Expertise liegen. Um glaubwürdig zu bleiben, ist es also wichtig, fehlendes Wissen deutlich zu machen und die Grenzen der eigenen Expertise aufzuzeigen. Es ist die Verantwortung der Medien, Aussagen korrekt zu kontextualisieren und entsprechend einzuordnen.

Was denkst du über die mediale Berichterstattung zum Coronavirus? Handeln die Medien richtig oder gibt es Verbesserungspotential?

Manuela

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